Nike Never stop winning feiert die US-Frauen für ihren Weltmeistertitel

Marken sind in den USA schon länger mit starken Statements im Marketing unterwegs. Das würde ich mir auch für Deutschland wünschen. Wie auch immer, Nike feiert den vierten Weltmeistertitel der US-Fußballfrauen mit einem ganz starken Spot. Es geht darum, dass auch Frauen Vorbilder sein sollen, dass Gleichberechtigung im 21. Jahrhundert endlich selbstverständlich sein muss.

Neben diesem sehr emotionalem Clip hier eskalierte das Nike-Twitterteam auch ein wenig:

Nun darf man natürlich anmerken, dass Konzerne wie Nike eigentlich keinen Grund haben sich zur moralischen Instanz zu erheben, ehe sie nicht an allen Stellen selbst ihre Probleme geregelt haben. Und trotzdem muss man einsehen, dass eine Brand wie Nike mit solchen Botschaften vielfach besser an gerade junge Menschen herankommt, als Politiker oder Talkshows, die sich mit Themen wie Gleichberechtigung beschäftigen. Schwierige Gratwanderung. Aber das sollte letztlich jeder für sich entscheiden.

DHL Tweet Gate: Einer spricht das Unaussprechliche aus und alle schlachten es aus

Sehr wahrscheinlich ist der beleidigende DHL-Tweet vom Nachmittag des 28. November 2018 für niemanden, der sich vielleicht auf diesen Blog verirrt, unbekannt. Nur zur Sicherheit und natürlich auch für meine eigene Dokumentation, wenn ich diesen Artikel in einem Jahr nochmals lesen sollte, hier der Wortlaut:

“Die einzige Scheiße hier, ist Ihr Rumgeheule! ‘Voraussichtlich’ (wie es nachweislich von uns angegeben und im Standardversand üblich ist) als ‘feste Daten’ wahrzunehmen, grenzt schon sehr an Realitätsverlust. Und jetzt zurück zu Mami an die Brust!”

Quelle: https://twitter.com/DHLPaket/status/1067795159998451718

Was war passiert? Ein anderer Twitteruser hatte sich, in ähnlicher Tonalität, über eine Verspätung seines Pakets beschwert. Aus einem mir nicht bekannten Grund platzte dem DHL-Twitterer dann ganz massiv der Kragen und oben verlinkter Tweet wurde in die Öffentlichkeit geschickt.

Das ist unprofessionell und darf jemanden, der für das Twittern im Namen eines solch großen Konzerns bezahlt wird, nicht passieren. Das steht für mich völlig außer Frage. In diversen Diskussionen auf Facebook gab es eine Menge spannende Aspekte, und klar, er (oder sie, ich weiß es nicht) wird vermutlich einen schlechten Tag gehabt haben. Es ist ja nicht der erste Tweet, der mit unteriridischen Niveau gen DHL gezwitschert wurde und meistens antwortet man seitens DHL so, wie man eben antworten sollte. Vielleicht war der Mitarbeiter auch nicht ausreichend gut geschult, vielleicht hat ihn auch die Sonne geblendet – all das darf und muss DHL intern bewerten. Es ändert aber nix an der Verfehlung in Form dieses beleidigenden Tweets, die es eben nicht hätte geben sollen.

Jetzt kommen aber die „Medien“ und setzen noch eins drauf.

Mit einem Tweet zur digitalen Schlachtbank geführt

Wie bereits gesagt geschrieben: der Tweet war ein grober Fehler, kein Ausversehen, darf einfach nicht passieren. Was aber darauf folgte ist echt heftig: gefühlt jede Publikation des deutschprachigen Internets greift den Vorfall auf und schreibt einen Artikel dazu. Teils wahnsinnig tendenziös und damit die eigentliche Problematik des Ganzen völlig ausblendend. Denn, wenn man mal ehrlich ist, ist dieser DHL-Tweet das, was viele von uns tagtäglich bei den immer dreisteren, beleidigenderen und damit unerträglicheren „Kundenanfragen“ so denken. Nur bleibt es eben beim Denken, die tatsächliche Antwort bleibt in der Regel eben professionell.

So schreibt die Huffpost:

„Es ist wohl nicht die Reaktion, die sich der Kunde erhofft hatte – und noch weniger eine Reaktion, die man von einem großen deutschen Unternehmen erwarten würde.“

Quelle: Artikel der HuffPo 

Erst am Ende des Artikels wird darauf hingewiesen, dass der Ausgangspost des Kunden schon sehr ausfällig war. Ich weiß nicht so recht warum man hier nur auf den DHL-Tweet eingeht und damit suggeriert, dass der Kunde quasi ein Anrecht auf Pöbelei hat. Das hat er nämlich nicht.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn gerade die großen Consumer Brands künftig anmaßende oder beleidigende „Anfragen“ nicht bearbeiten würden. Der Kunde erwartet ja offenbar eine höfliche und bestenfalls auch zielführende Antwort, dann darf es nicht zu viel verlangt sein ein gewisses Mindestmaß an Anstand vom Kunden zu erwarten. Aber das muss man sich eben trauen, und für einen solchen Schritt benötigt es mehr Mut als für Social Media Guidelines wie bei der BVG. Denn für Höflichkeit oder gar das einfordern normaler Umgangsformen wird man eben nicht in den Medien gefeiert.

Wenn all der Buzz, den dieser kleine Tweet jetzt erzeugt hat, irgendwie dazu führt auch mal das Niveau der Kunden bzw derer Kontaktaufnahmen zur Marke zu hinterfragen, dann wäre am Ende sogar noch etwas Gutes entstanden.

Gera bekennt sich zur Fettgusche

Gera Fettgusche Gera bekennt sich zur Fettgusche
Quelle: https://www.gera.de/sixcms/detail.php?id=230824

Gera ist eine der größten Städte im beschaulichen Thüringen, die es nicht so ganz einfach hat. Denn während Weimar die Kulturhauptstadt des Freistaats ist, Jena als Hightechstandort gilt, Eisenach die Autobauerstadt und Erfurt natürlich die Landeshauptstadt ist steht Gera für, ja was eigentlich? Als Thüringer, aber nicht Geraer, ist man da schlicht überfragt. Das hat man in Gera nun auch erkannt und bekennt sich zur Fettgusche. So werden die Einwohner Geras im Thüringer Volksmund genannt, so richtig warum weiß ich allerdings auch nicht. Auf der Website gera.de schreibt der Bürgermeister, dass der Begriff aus dem Mittelalter stammt, als die umliegenden Bauern den „Fettguschn“ das üppige Essen neideten. Die Zeit des Neids auf die Gerschen ist mittlerweile vergangen, die Fettgusche aber ist geblieben.

Man möchte sich in der Otto-Dix-Stadt nun auf sich selbst besinnen, da die prägnanten und vermarktungsfähigen Themen eben schon von Jena, Weimar, Erfurt und Eisenach besetzt sind. Gera stehe für eine familiäre Atmosphäre, eine Stadt in der man (angeblich) gut und gern lebt. Und damit sich dieses Gefühl künftig auch nach Außen gut transportiert, will man sich mit dem bisher eher negativ besetztem (zumindest aber belächelten) Begriff der Fettgusche von Nicht-Gerschen abheben.

Ich finde das einen spannenden Move, die wenigen Menschen aus Gera, die ich persönlich kenne, sind von dem Begriff in der Vergangenheit nicht sonderlich begeistert gewesen. Sollte es jetzt aber gelingen Fettgusche mit Stolz nach außen zu tragen wäre das ein echter Gewinn für das Stadtimage. Und zugleich trägt es etwas Thüringer Mundart über die Landesgrenze hinaus, was ich als Thüringer (wir Rudolstädter werden übrigens oft Brummochsen genannt) nur begrüßen kann. Und für alle Nicht-Thüringer: sprecht das jetzt vor eurem geistigen Auge bitte, bitte nicht sächsisch aus. Das klingt dann nicht nur dämlich, es beraubt uns auch unserer Identität.

Auf der Website fettgusche.gera.de gibt es übrigens auch eine schöne Abbildung der Holzplastik „Gerscher Fettgusche“ von Volker Wendt aus dem Jahr 1984. Wir Thüringer hatten also nachweislich auch schon zu DDR-Zeiten ausreichend Sinn für Selbstironie.

 

#lidlklontdich – was soll das?

Lemonaid, ein hippes Unternehmen aus Hamburg, dass die soziale Ader als Produktwert entdeckt und damit in den letzten Jahren ganz ordentlich verkauft hat, ist dieser Tage auf den kapitalistischen Bösen getroffen. Lidl hat offenbar unter eigener Hausmarke zum verwechseln ähnliche Drinks in die Regale gepackt. Der ungeübte Verbraucher wird hier tatsächlich kaum merken, dass es da einen Unterschied gibt und das nutzt Lemonaid natürlich direkt um einen Shitstorm anzuzetteln. Sogar mit eigenem Hashtag #lidlklontdich – Netter move so far.

Der Ansatz von Lemonaid gefällt mir sehr gut: mit jedem Kauf unterstützt der Kunde praktisch ein soziales Projekt in einem Herkunftsland der Rohstoffe. So habe ich das zumindest verstanden. So weit, so gut – ob und wie hilfreich die einzelnen Projekte am Ende sind lässt sich für mich nicht ergründen. Und am Ende zählt vor allem auch der Wille.

Lidl hingegen packt sich das Image, dass Lemonaid seit rund einem Jahrzehnt aufgebaut hat, befüllt es mit der üblichen billigen Brause und verkauft den Kram für 59 Cent die Flasche, was mir persönlich für Lidlbrause noch zu teuer wäre. Den Bösewicht in der Geschichte haben wir damit auch gefunden, das im übrigen auch ohne Zweifel.

Die Story ist trotzdem nicht schlüssig.

Wer sich bewußt für eine, sagen wir preisintensive, Limonade entscheidet, eben weil diese Bio, Fairtrade usw ist und darüberhinaus sogar noch soziale Projekte mit einem Teil des Verkaufserlös unterstützt, der geht doch nicht zu Lidl. Selbst ich meide Lidl, Aldi und Penny und Norma und wie die Discounter alle heißen, sofern mir das möglich ist. Weder die Atmosphäre vor Ort noch die angebotenen Produkte sprechen mich an. Und ich bin wirklich sehr weit davon entfernt ein Getränk bewußt wegen sozialen Projekten zu kaufen.

Also zurück zu den weltverbessernden Brausekäufern: was haben die im Lidl zu suchen? Ist das dann so eine Art Öko-Ablasshandel oder ist es vielleicht doch so, dass Lidl sowieso keine Chance auf die Lemonaid-Käufer hat und jetzt einfach seinen Kunden ein hipp aussehendes Getränk anbietet?

Nicht, dass das die offensichtliche und diskussionswürdige Kopie in irgendeiner Form besser macht. Nein, kopieren ist tatsächlich böse. Aber andererseits ist es wahrscheinlich sogar ein Boost für Lemonaid, denn so viel kostenlose Reichweite wie durch Lidls Kopierbrause werden sie wahrscheinlich nur selten erhalten.

Passend dazu fährt Lemonaid zum Hashtag #lidlklontdich auch direkt mit schicken Motiven im eigenen Blogbeitrag auf. Finde ich richtig gut gemacht, bestärkt mich aber auch in meiner Theorie, dass man die Brausepiraterie von Lidl gern in Kauf nimmt und jetzt die maximale Aufmerksamkeit aus der Geschichte ziehen will.

lemonaid vs lidl #lidlklontdich   was soll das?
Quelle: https://lemon-aid.de/blog/lidlklontdich/

Kein Vorwurf, eher ein ehrliches Chapeau für dieses proaktive Krisenmanagement.

 

 

 

Neustart nach DSGVO

Nachdem hier einige Wochen/Monate der Ofen aus war, habe ich mich dazu entschlossen so langsam aber sicher wieder zu beginnen. Ich weiß noch nicht wo das Ganze hinführen wird, lassen wir uns also überraschen.

Da bei weit über 1000 Artikeln der Aufwand alle zu prüfen in keinem Verhältnis zum Nutzen gestanden hätte, sind alle alten Artikel deaktiviert und dementsprechend nicht weiter erreichbar. Das wird sich auch nicht ändern, in gut 10 Jahren ändert sich zu viel, als dass es Sinn macht ein so großes Archiv zu halten.

Nun widme ich mich hier also wieder in bekannter, maximaler Unregelmäßigkeit der Welt des Marketings. Hoffentlich.